Kraft aus
der Stille

Aus dem Buch LEBE! von Dr. med. Michael Ehrenberger.

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Unser Geist ist kaum mehr in der Lage ruhig zu werden. Zu stark und verlockend sind die Ablenkungen aus der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Über 10.000 Gedanken denkt der Mensch angeblich täglich, manche dauern etwas länger, andere nur Bruchteile von Sekunden. Radio, Fernsehen und andere Medien bringen uns die neuesten Nachrichten auch aus den entferntesten Ländern der Erde direkt in unsere Wohnzimmer, die meisten von ihnen lösen Ängste oder andere negative Emotionen aus, die den Geist erneut nicht zur Ruhe kommen lassen.

Wir nehmen die Außenwelt so wichtig, dass uns keine Zeit mehr bleibt, einfach zur zu sein, ohne Verlangen und ohne Bewertung oder Verurteilung des Gesehen und Gehörten. In einer Zeit, in der Energie aus der Dose konsumiert wird, ist nur mehr wenig Raum für Stille geblieben. Jene werden als stark erachtet, die am lautesten sind, bescheidene und ruhige Menschen fallen hingegen kaum auf.

So verschließen wir uns der größten Kraftquelle, die uns zur Verfügung steht, der Stille. Stille ist dabei nicht zu verstehen als Stillstand, sondern ist Ausdruck der permanenten, harmonischen Bewegung der Lebensenergie, jener Energiequelle, die uns immer und überallhin begleitet. Stille bedeutet auch nicht, nur passiv zu sein und sich treiben zu lassen, sie ist viel mehr eine besondere Art von Aufmerksamkeit, in der sich die Energie des Herzens mit der Energie des Verstandes verbindet. Menschen, denen es gelingt, still zu werden, sind frei von Enttäuschungen und Kränkungen der Vergangenheit und den in die Zukunft gerichteten Ängsten.

Ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie viel Kraft man aus der Ruhe schöpfen kann, geben uns die Mönche des Shaolin-Klosters. Durch ihre Meditationsübungen sammeln sie so viel Kraft, dass sie scheinbar mühelos die schwierigsten Übungen ohne Verletzungen überstehen können. Herbert Fechter, der die Mönche nach Österreich gebracht hat, wurde einmal in einem Interview gefragt, ob er denn, wenn er in China sei, mit den Mönchen leben würde. Fechter antwortete darauf, dass dies für einen Europäer nicht möglich sei. Die Mönchen leisteten jeden Tag schwerste Arbeit, würden maximal vier bis fünf Stunden pro Nacht auf einer Steinliege schlafen und nur wenig Nahrung zu sich nehmen.

Natürlich möchte ich Sie nicht dazu animieren, das Leben eines Mönches zu führen und Ihre Stärke dadurch zu zeigen, dass Sie Steinplatten auf Ihrem Kopf zertrümmern. Aber, Hand aufs Herz, tut es nicht gut, sich ab und zu in der Nähe eines Menschen aufzuhalten, der in sich ruht, der durch seinen Gesichtsausdruck und seine Haltung Ruhe und Stärke ausstrahlt. 

Ein Mensch, der in der Lage ist, auch in schwierigen Situationen einen klaren Kopf zu bewahren und bei dem man sicher sein kann, in den nächsten Minuten keine Panikattacke und keinen Wutausbruch zu erleben? So ein Mensch wird Sie sicherlich tief beeindrucken und eine gewissen Anziehung auf Sie ausüben. 

Auch in I​hnen steckt diese Kraft

Stille ist nicht nur voller Kraft, so wie das Vakuum voller harmonischer, rhythmischer Energie ist, sie ist auch ansteckend. Es wurde einmal ein Versuch durchgeführt, bei dem man einen meditierenden Menschen in die Mitte einer Gruppe von Versuchspersonen setzte. Die Versuchspersonen hatten noch nie in ihrem Leben meditiert oder eine andere Entspannungsübung durchgeführt. Man registrierte die Gehirnwellen der Teilnehmer und es zeigte sich bei fast allen, dass sie nur durch die Anwesenheit eines in sich ruhenden Menschen in einen Alphazustand kamen. So bezeichnet man einen Zustand der wirklichen inneren Ruhe, wobei die betreffende Person nicht schläft. 

Heilende Stille

Stille ist aber nicht nur kraftvoll, sie heilt auch. Durch die Einkehr der Ruhe in unseren Geist kann sich die Harmonie des Lebendigen ausbreiten und es kommt zu einer Wiederherstellung der Gesundheit. Auch die Anwesenheit eines liebevollen Menschen kann sich positiv auswirken. Dieser Mensch braucht dann gar nichts Spezielles zu tun, er heilt auch nicht, selbst wenn das den Anschein hat – das macht vielmehr die Natur: Sobald wir bereit sind, in Resonanz zu gehen, wird sich in uns etwas zum Positiven verändern. Wenn Sie einen solchen Menschen finden, dann vertrauen Sie sich ihm an wie ein Kind, das seiner Mutter vertraut, die es liebevoll in den Schlaf wiegt. 

Ich habe Heilungen dieser Art erlebt und kann Ihnen versichern, dass es solche zwischenmenschlichen Begebenheiten gibt. Zweifel kommen allerdings in mir auf, wenn ich höre, dass man „heilen“ in einem Wochenendkurs lernen kann, oder wenn mit Angst gearbeitet wird („Wenn Sie nicht das und das tun, wird das und das geschehen“). 


Hier wurden die Gesetze des Lebens sicher noch nicht verstanden und es ist Zeit, dass anstelle dieses Unfugs mehr Verständnis für das Wirken der Lebenskraft entwickelt wird. 

LEBE! Gesundheitstipps

  • Stille ist einer der größten Kraftspender und einer der größten Ratgeber in Ihrem Leben.
  • Stille ist mehr als Entspannung, sie ist die Achtsamkeit des Geistes. 
  • Entspannung kann man trainieren, Stille nicht. Sie kommt ohne die Last der Erinnerungen.
  • Dort, wo Stille lebt, gibt es keine Angst, keine Trauer und keinen Hass.
  • Stille heilt.

Dr. med. Michael
Ehrenberger († 01. 05. 2021)


Übung zur Stille


Obwohl „Stille“ nicht geübt werden kann, möchte ich Ihnen doch Anregungen geben, um Ihren Geist in diesen Zustand zu bringen:

  • Suchen Sie sich einen ruhigen Ort in der Natur. Dieser Ort sollte nicht gestört sein durch Geräusche, die vom Menschen verursacht werden. Schließen Sie Ihre Augen und nehmen Sie wahr, was Sie hören, riechen oder fühlen. Es kann das Krähen eines Hahnes aus der Ferne sein, das Summen einer Biene ganz ihn Ihrer Nähe oder der Duft einer Blume. Nehmen Sie aber nur wahr, bleiben Sie nicht bei dem Eindruck hängen, lassen Sie Ihren Geist mit dem Rhythmus der Natur weiterziehen.
  • Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie in der freien Natur genug geübt haben, um diese wirklich schwere Übung zu beherrschen, dann ist es Zeit, sich in die Nähe von Menschen zu begeben. Sie können die gleiche Übung in einem Stadtpark, in der Nähe eines Kinderspielplatzes, in einem Hallenbad oder in einer überfüllten U-Bahn ausprobieren. Wichtig dabei ist, dass Ihr Geist nicht „hängen bleibt“ wie eine Schallplatte. Dies ist der Fall, wenn Sie die Eindrücke rund um Sie zu bewerten beginnen. Versuchen Sie, die innere Ruhe und Ausgeglichenheit zu bewahren. Falls Ihr Bewusstsein doch gefangen wird und sich nicht befreien kann, dann versuchen Sie zu ergründen, warum dies so ist.

Zweck dieser Übung ist es, die Wahrnehmung der Umgebung nicht mit unseren Erinnerungen zu verknüpfen. Dadurch geben wir unseren Bewusstsein eine Chance, frei zu werden von der Last der Vergangenheit und neue Wege zu gehen, losgelöst von den alten Konditionierungen. 

Falls Sie nicht sofort den erwünschten Erfolg erzielen, dann verzweifeln Sie nicht. Es kann Jahre dauern, bis die Stille sich anhaltend einstellt.

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