Hormome

Teil 7 der Artikelserie
Bausteine des Lebens. 

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Von Mag.a Ines Siegl

Wachstum, Energiehaushalt, Stoffwechsel, Schlaf, Fortpflanzung und unsere Stimmungslage haben eines gemeinsam: Sie werden über Hormone gesteuert. Doch wie funktioniert das und was beeinflusst den Hormonhaushalt?

Ähnlich wie die Spurenelemente, die in Teil 6 dieser Artikelserie besprochen wurden, entfalten Hormone bereits in kleinen Mengen eine große Wirkung. Es handelt sich um biochemische Signal- oder Botenstoffe, die unser Körper selbst herstellt und ganz nach Bedarf freisetzt. Daher rührt auch ihr Name, der vom griechischen Wort „hormao“ (antreiben, anregen) abgeleitet ist. 

Diese Botenstoffe sind Teil eines hochkomplexen Körpersystems, werden fein aufeinander abgestimmt und beeinflussen sich gegenseitig. Bisher sind rund 100 verschiedene Hormone bekannt, jedoch ist davon auszugehen, dass ihre tatsächliche Zahl weit höher liegen dürfte. 

Zu den am längsten bekannten Hormonen zählen Adrenalin (Kampf-Flucht-Reaktion), Cortison (reguliert Stoffwechsel, Immunsystem und Entzündungsreaktionen), Thyroxin (beeinflusst u.a. Energieverbrauch, Körpertemperatur, Wachstum), Insulin (reguliert Blutzuckerspiegel) sowie die Geschlechtshormone Östrogene, Progesteron und Testosteron (regulieren und unterstützen Reproduktionsfähigkeit und das allgemeine Wohlbefinden).

Wirkung 

Unterscheidbar sind Hormone unter anderem darin, wo sie ihre Wirkung entfalten. Das kann in der hormonbildenden Zelle selbst sein (autokrine Wirkung), in Zellen, die an die hormonbildenden Zellen angrenzen (parakrine Wirkung) aber auch in weiter entfernten Zielzellen (endokrine Wirkung). Bei der endokrinen Wirkung erreichen die Hormone ihr Ziel, indem sie über die Blutbahn an ihren Wirkungsort gelangen. Wird allgemein von Hormonen gesprochen, dann sind meist Botenstoffe mit endokriner Wirkung gemeint, im Gegensatz zu den Gewebshormonen, die direkt dort wirksam sind, wo sie gebildet werden (autokrin/parakrin).

Aufbau 

Neben ihrem Wirkungsort lassen sich Hormone auch nach ihrer Funktion unterscheiden. Ihr jeweiliger biochemischer Aufbau und ihre Ausgangsstoffe können sehr verschieden sein, spielen jedoch eine entscheidende Rolle, denn jedes Hormon ist ausgelegt auf maßgeschneiderte Rezeptoren, die in oder auf den jeweiligen Zielzellen liegen. Veranschaulichen lässt sich das mit dem Schloss-Schlüssel-Prinzip: Sie können sich die Signalstoffe wie spezielle Schlüssel vorstellen, die an ganz bestimmten Zellen im Körper Schlösser öffnen und damit Funktionen in Gang setzen können. Hormone wirken dabei jedoch keinesfalls allein. Sie sind zwar spezialisiert auf eine Funktion, arbeiten aber meist mit anderen Botenstoffen zusammen und können dadurch mehrere Abläufe beeinflussen. Das macht unser Hormonsystem außerordentlich komplex.

Aufgabe 

Die physiologischen Funktionen von Hormonen sind äußerst vielfältig. Dazu zählt beispielsweise die Regulierung des Stoffwechsels (Kohlenhydrate, Proteine, Fette) durch Insulin, Glukagon und die Schilddrüsenhormone. Insulin und Glukagon tragen zudem zur Regulierung des Blutzuckerspiegels bei und helfen den Energiehaushalt des Körpers aufrecht zu erhalten. Die Wachstumshormone Östrogen und Testosteron steuern das Wachstum und die Entwicklung des Körpers, und sind – gemeinsam mit Progesteron – wichtig für die Fortpflanzung. Auch unser Wasser- und Elektrolyt-Haushalt, der in direktem Zusammenhang mit dem Blutdruck steht, wird von Botenstoffen reguliert (v.a. Vasopressin und Aldosteron). Serotonin, das auch als „Glückshormon“ bezeichnet wird, spielt nicht nur für unsere Stimmung eine entscheidende Rolle, sondern auch für den Schlaf, den Appetit und das Schmerzempfinden. Beim Schlaf-Wach-Rhythmus spielt Serotonin neben weiteren Botenstoffen mit Melatonin zusammen. Das Schilddrüsenhormon Thyroxin sorgt nicht nur für eine normale geistige Entwicklung bei Kindern, es trägt auch zur allgemeinen Aufmerksamkeit, sowie zur Konzentrations- und Anpassungsfähigkeit bei. Und das sind nur einige Beispiele von vielen!

Organe 

Jene Organe, die in der Lage sind, Hormone zu produzieren und freizusetzen, werden endokrine Organe genannt. Dazu zählt der Hypothalamus, eine Gehirnregion im Zwischenhirn, sowie eine ganze Reihe von Drüsen, wie die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), die Zirbeldrüse (Epiphyse), die Schilddrüse, die Nebennieren, die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) und die Keimdrüsen (Eierstöcke und Hoden). Unter diesen Drüsen des endokrinen Systems nimmt der Hypothalamus eine zentrale Rolle ein, auch wenn es sich dabei um eine verhältnismäßig kleine Gewebestruktur im unteren Teil des Zwischenhirns handelt. Der Hypothalamus ist nicht nur der Hormonausschüttung übergeordnet, er steuert auch viele lebenswichtige Funktionen, wie Atmung, Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme, Elektrolythaushalt, Körpertemperatur, Herzfunktion, Blutdruck und Kreislauf, Schlaf-Wach-Rhythmus, Immunsystem, Sexualverhalten, Emotionen, Affekte und die Gedächtnisleistung. 

Einflussfaktoren 

Die Produktion und Ausschüttung von Hormonen sind ein Prozess, der in ständiger Bewegung ist und vielen Faktoren unterliegt. Einfluss haben neben der Tageszeit und dem Lebensstil (Ernährung, Bewegung) auch das Sexualverhalten, Stress, einige Medikamente und die Umwelt (Toxine, Chemikalien, Strahlung). Einige Studien deuten darauf hin, dass elektromagnetische Strahlung (Handy, W-Lan) einen negativen Einfluss auf den Hormonhaushalt haben können. Ein bewusster Umgang ist ratsam. Ebenso können einige Zusatzstoffe in verarbeiteten Lebensmitteln den Hormonhaushalt beeinflussen, dazu zählen Farb- und Konservierungsstoffe und Süßungsmittel. 

Einfache Maßnahmen, die man sich zunutze machen kann, um den Hormonhaushalt positiv zu beeinflussen, umfassen eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Bewegung und Schlaf sowie gezielte Entspannungsmethoden (Meditation, Yoga, Atemübungen, Waldbaden) und das Vermeiden oder Reduzieren von Stimulantien wie Koffein, Alkohol und Nikotin. 

Ungleichgewicht

Wenn von einem oder mehreren Hormonen zu viel, zu wenig oder gar nichts mehr im Körper vorhanden ist, kann das zu Erkrankungen führen. Ein häufiges Beispiel ist eine gestörte Schilddrüsenfunktion, bei der zu viel oder zu wenig Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) produziert werden. (vlg. Beitrag Schilddrüse). 

Ein anderes Beispiel für ein hormonelles Ungleichgewicht ist PCOS (Polyzystisches Ovarialsyndrom), das häufig Frauen im gebärfähigen Alter betrifft, und sich mit Menstruationsstörungen, Unfruchtbarkeit, Akne und übermäßigen Haarwuchs äußern kann. Auch Diabetes liegt einem hormonellen Ungleichgewicht zu Grunde, bei dem das Bauchspeicheldrüsenhormon Insulin entweder völlig fehlt (Typ 1) oder der Körper nicht mehr angemessen auf Insulin reagieren kann (Typ 2). 

Osteoporose gilt ebenso als Folge eines hormonellen Ungleichgewichts, das bei Frauen nach den Wechseljahren aufgrund des absinkenden Östrogenspiegels eintreten kann. Entgegenwirken lässt sich hier durch eine gezielte Zufuhr von Calcium, Vitamin D und Vitamin K. Bei jedem hormonellen Ungleichgewicht ist es ratsam, die oben genannten Maßnahmen zur natürlichen Regulierung des Hormonhaushaltes zu beherzigen.

Hormonspiegel testen

Ein Bluttest ist die gängigste Methode, um den Hormonspiegel zu eruieren und kann zum Beispiel Aufschluss über die Schilddrüsenhormone, den Insulin-, Testosteron- und Östrogenspiegel geben. Je nachdem welche Werte erhoben werden sollen, können auch Urin und Speichelflüssigkeit getestet werden (u.a. auf Cortisol, Östrogen, Progesteron, Testosteron, Melatonin). 

Weil sich das Hormonsystem in ständiger Bewegung befindet und Schwankungen unterliegt, stellen Hormontests immer nur eine Momentaufnahme dar und ergeben kein vollständiges Bild. 

Autoreninfo:

Mag.a Ines Siegl

Mag.Ines Siegl (16.03.1984) fühlt sich ihrer Heimat, dem Südburgenland, tief verbunden. Bei Spaziergängen durch Streuobstwiesen und Wälder schöpft die Kommunikationsfachfrau und Geisteswissenschafterin Freude, Kraft und Inspiration. Seit mehr als 15 Jahren beschäftigt sie sich mit Natur- und Gesundheitsthemen und hat seit Sommer 2020 bei jeder Ausgabe von Natur heilt mitgewirkt. Was sie daran besonders mag, ist, ihre Faszination von der Natur und den Zusammenhängen des Lebens zu teilen. Lieblingsspruch: „Man kommt entweder über die Philosophie zum Gärtnern oder übers Gärtnern zur Philosophie.“ (Karl Foerster)

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