​Die Geschichte
von der Sonnenblume

Aus dem Buch LEBE! von Dr. med. Michael Ehrenberger.

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Es war einmal eine kleine Sonnenblume, die sich stolz in ihrem Feld, umgeben von anderen Sonnenblumenkindern, zur Sonne streckte. Jeden Tag wuchs sie ein paar Zentimeter und wie ihre Freunde richtete sich ihre Blüte so aus, dass sie ausreichend Sonnenlicht aufnehmen konnte. Die Sonnenblume liebte es, vom Wind geschaukelt und vom Regen gebadet zu werden. Sie nahm reichlich Mineralien aus Mutter Erde auf, und nachdem die Zeit gekommen war, ordnete sie die neu entstehenden Kerne sorgfältig in einer Spirale an, so wie es der Ordnung der Natur entsprach. Sie behütete die Kerne gut, denn sie wusste, dass in ihnen die Kraft für neues Leben vorhanden war. Besonders stolz war die Sonnenblume darauf, dass sie die Gabe hatte, Vitamine und essenzielle ungesättigte Fettsäuren zu produzieren. Auch die aufgenommenen Mineralstoffe wurden durch das Wachsen der Pflanze veredelt. In den Zellen ihrer Kerne hatte sie jedoch noch etwas ganz Besonderes versteckt: Licht. Dieses Licht würde so lange in den Kernen bleiben, bis die Zeit gekommen war, die Schale aufzubrechen und neues Leben entstehen zu lassen. Dies konnte auch erst nach ein paar Jahren passieren, so gut hatte die Blume für die Körner vorgesorgt: Zum Schutz vor vorzeitiger Alterung hatte die Sonnenblume den Kernen bestimmter Stoffe, Antioxidantien, mit auf den Weg gegeben. 

Eines Tages, nachdem der Kopf der Sonnenblume schon sehr schwer geworden war, kam der Landwirt mit seinen Maschinen und erntete sie. Die einst so stolze Blume war schon braun und gealtert, aber immer noch stolz genug, aufrecht zu stehen, um ihre Früchte dem Bauern zu übergeben.

Dr. med. Michael
Ehrenberger († 01. 05. 2021)

Nach der Ernte kam es zu der ersten mechanischen Reinigung durch Magnete und Siebe, danach wurden die Kerne entschält. Nach der Zerkleinerung und Vorpressung wurde die Frucht zunächst auf 90 Grad erhitzt, dann wurde Hexan beigemengt, dies hatte den Vorteil, dass Proteine, Kohlenhydrate und Faseranteile abgetrennt wurden. Für das Entfernen der Fettsäuren wurde Alkalilauge verwendet, die führte zu einer Verbesserung der Haltbarkeit und des Geschmacks. Nach einer Bleichung mit Bleicherde, bei der Chlorophyll und Pflanzenfarbstoffe entfernt wurden, war es nur mehr notwendig, bei 190 – 200 Grad eine Desodorierung durchzuführen, danach war es fertig: das reine Sonnenblumenöl. Es enthielt zwar kein Kalzium mehr und kein Magnesium, auch kein Zink oder Selen, auch kaum mehr Vitamine, aber es war schön verpackt, haltbar und günstig zu kaufen. Abgefüllt erinnerte nur mehr das Bild einer Sonnenblume auf der Flasche an die einstige Lebendigkeit.

Eine ähnliche Geschichte könnte der Zucker oder das Weißmehl erzählen oder der Kartoffelchip, die Haselnüsse in dem Schokoladenaufstrich oder die Haltbarkeit, die ohne Kühlung locker einige Monate im Regal überstehen kann.

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