Von Mag.a Ines Siegl
Die Leber wird zu den Feiertagen ganz besonders beansprucht. Als unser Hauptentgiftungsorgan hat sie außerordentlich zu tun mit üppigen Speisen und dem einen oder anderen Anstoßen im Familien- und Freundeskreis. Doch selbst wer abstinent bleibt und beim Feiertagsbraten nur zaghaft zugreift, hat keine Garantie für gute Leberwerte. Was uns „die Galle überkochen“ lässt und wie wir die Leber stärken können, haben wir uns im Schwerpunkt Lebergesundheit angesehen.
Jeder von uns kennt die „beleidigte Leberwurst“, oder jene, denen eine „Laus über die Leber“ gelaufen ist. Zornige „spucken Galle“, während Direkte „frei von der Leber weg“ sprechen – in Redewendungen und Sprichwörtern steht die Leber klar im Zusammenhang mit den Befindlichkeiten. Das ist schon seit dem Mittelalter so, als man in der sogenannten Säftelehre davon ausging, die Konstitution des Menschen wird von vier „Säften“ geprägt (Schleim, schwarze Galle, gelbe Galle und Blut). Diese Säftelehre reicht zurück in die Antike und wurde im Laufe der Zeit immer ausgefeilter. Beginnend mit der Aufklärung wurde sie abgelöst von den Erkenntnissen der Wissenschaft. Die Verbindung zwischen Leber und Befindlichkeiten hat sich dennoch gehalten, denn Säfte hin oder her – eine überreizte Leber schlägt uns tatsächlich aufs Gemüt. Die „Laus“, die uns über die Leber läuft, ist nichts anderes als ein scheinbar kleiner Reiz, der uns aus der Fassung bringt – das bisschen zu viel, das wir unserem Körper zumuten, indem wir zu viel Essen, uns bei Genussmitteln gehen lassen oder uns stressen.
Fleißiger Riese
Von allen Organen ist die Leber (lat. Hepar) bei Erwachsenen mit circa 1,2 bis 1,8 Kilogramm das größte und schwerste. Sie sitzt im rechten Oberbauch und ist am Zwerchfell befestigt, dem größten Muskel unserer Atmung. Mit ihm bewegt sich die Leber mit – hebt sich beim Ausatmen und senkt sich beim Einatmen.
Eine gesunde Leber hat eine dunkle braunrote Farbe und eine spiegelnd glatte Oberfläche. Sie besteht aus rund 3 Millionen Leberzellen, die über 80 Prozent des Organs ausmachen, neben Bindegewebe, Blut- und Lymphgefäßen und Gallengang. Aufgrund ihres Aufbaus wird sie eingeteilt in den rechten und linken Leberlappen. Ihr Haupteingang ist die Pfortader, durch die in der Minute zwischen 1 bis 1,5 Liter nährstoffreiches Blut fließen, das aus dem Magen-Darm-Trakt, der Milz und der Bauchspeicheldrüse kommt.
Direkt neben der Pfortader liegt der Gallengang, durch den Gallenflüssigkeit in die Gallenblase gelangt. Diese Gallenflüssigkeit wird in den Leberzellen gebildet und hat die Aufgabe Fett aus der Nahrung sowie fettlösliche Vitamine aufzuspalten und zu speichern (in der Gallenblase). Weiters wird die Gallenflüssigkeit auch genutzt, um Giftstoffe auszuleiten. Bei zu geringer Gallensaftbildung funktioniert daher weder die Aufnahme von Fetten, noch die Entgiftung ordentlich.
Funktion
Die Leber ist genau genommen die Anhangsdrüse des Mitteldarms – und Zentrum hunderter biochemischer Prozesse. Das erklärt ihre Schlüsselrolle im Stoffwechsel, denn alles, was wir zu uns nehmen, wird von der Leber geprüft, zugeordnet, um- und abgebaut, entgiftet und weitergeleitet. Die Nährstoffe aus der Nahrung (Zucker, Fett, Eiweiß und die Vitamine A und B12) werden in den Leberzellen gespeichert und bei Bedarf wieder bereitgestellt. Darüber hinaus werden in der Leber auch Hormone und Enzyme hergestellt, der Säure-Basen-Haushalt mitreguliert und Schadstoffe unschädlich gemacht.
Stärken und Pflegen
Grundsätzlich sind unsere Organe darauf ausgelegt, sich völlig selbstständig zu entgiften und zu regenerieren. Vor allem die Leber hat unglaubliche Fähigkeiten zur Zellerneuerung – der Vorgang geschieht praktisch rund um die Uhr und völlig von selbst. Jetzt kommt das Aber: Je höher die Belastung ist, desto schwieriger ist die Heilung. Wer regelmäßig für Ausgleich sorgt, auf leberschützende Nahrungsmittel und Nährstoffe achtet, tut der Leber nachhaltig Gutes.
Der perfekte Zeitpunkt, um mit den Rhythmen der Natur zu Entgiften, ist das Frühjahr – das ist hinlänglich bekannt. Doch das bedeutet nicht, dass wir in den anderen Jahreszeiten nichts tun können. Ganz im Gegenteil – unser Organismus profitiert von regelmäßigen Routinen, pflanzlicher Ernährung, Entlastungstagen und Intervallfasten. Viele Telefonate bestätigen dies: die Gesundheit lässt sich mit etwas einfachem, wie bewusstem Auslassen von Mahlzeiten und Gemüsetagen, einfach und wirksam fördern.
Zum Beispiel, indem man sich um 13 Uhr – wenn die Leber am aktivsten ist - eine bewusste kleine Pause zum Durchatmen nimmt, einen stärkenden Tee trinkt, oder auf den Kuchen zum Dessert oder Nachmittagstief verzichtet. Darüber hinaus gibt es viele Nahrungsmittel und Helfer aus der Natur, die der Lebergesundheit besonders zuträglich sind.
Mariendistel
Die Nummer-eins-Pflanze für die Leber ist die Mariendistel (Silybum marianum). Ihr Wirkstoff Silybin (auch Silybinin oder Silymarin) ist mittlerweile gut erforscht und bestätigt: Mariendistel ist ein Antioxidans, wirkt Entzündungen entgegen, schützt die Zellen der Leber, hilft ihnen beim Entgiften und beim Regenerieren, hat verdauungsfördernde und cholesterinsenkende Eigenschaften. Die Mariendistel wird aufgrund dessen sogarbei Vergiftungen mit dem Knollenblätterpilz herangezogen. Zum therapeutischen Einsatz kommen die Samen (Früchte) der Mariendistel, da in den Blättern kein nennenswerter Wirkstoffgehalt zu finden ist. Im Gegensatz dazu lassen sich die Blätter von Löwenzahn und Brennnessel zum Ausleiten nutzen, sofern sie aus Wildsammlung stammen und nicht mit Schadstoffen belastet sind.
Basische Kost
Pflanzliche Lebensmittel unterstützen den Körper darin, den Säure-Basen-Haushalt aufrecht zu halten. Als großartige Ballaststoffquellen fördern sie darüber hinaus die Darmgesundheit. Das tut auch der Leber gut, sofern es sich um Bio-Produkte handelt, ohne ungewollte Schadstoffe, die zusätzlich belasten.
Als besonders leberschützend gelten Gemüsesorten aus der Familie der Kreuzblütengewächse, wie Brokkoli, Karfiol (Blumenkohl), Kohlsprossen (Rosenkohl), Kohlrabi, aber auch Radieschen, Rucola und Rettich. Sie enthalten viele Senföle, die als entzündungshemmend, antiviral und antibakteriell gelten. Weitere Gemüse, die man für eine gesunde Leber regelmäßig in den Speiseplan einbauen kann, sind Knoblauch, rote Rüben, Artischocken und Chili. Unter den Früchten sind vor allem Heidelbeeren und Grapefruit zu nennen. Von den Getreiden eignet sich der Hafer. Die essenziellen Spurenelemente Zink und Selen sind in vielen der genannten Lebensmittel enthalten – auch sie stehen in direktem Zusammenhang mit der Lebergesundheit.
Doch auch Kaffee weist leberstärkende Eigenschaften auf. Es ist noch nicht ganz klar, welche Stoffe genau dafür verantwortlich sind, aber Forscher haben den Konsum von bis zu 3 Tassen täglich (schwarz und ungesüßt) als förderlich eingestuft.
Omega-3
Wie wir oft anmerken, spielen Omega-3-Fettsäuren eine besondere Rolle für die Gesundheit, so auch für die Leber. Denn einfache und mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind an vielen Funktionen beteiligt, gelten als entzündungshemmend und helfen Cholesterinwerte auszugleichen. Zu den kurzkettigen Omega-3-Fettsäuren zählt die alpha-Linolensäure, enthalten beispielsweise in Leinöl, Hanföl und Chiaöl. Nüsse und Samen sind ebenfalls Quellen, wenngleich mit geringerem Anteil. Für die Zufuhr von langkettigen Omega-3-Fettsäuren, denen noch mehr entzündungshemmende Eigenschafen zugeschrieben werden als den kurzkettigen, empfiehlt sich hochwertiges Krill- und Algenöl – sie zählen zu den Produkten mit den höchsten Wirkstoffgehalten.
L-Glutathion
Das starke, körpereigene Antioxidans Glutathion kommt in allen Zellen vor, vor allem aber in den Leberzellen. Es sorgt für gesundes Zellwachstum, bindet Schadstoffe, die über die Nieren ausgeleitet werden können und verstärkt die Wirkung anderer Antioxidantien, wie Vitamin C. Lebensmittel mit hohem L-Glutathion-Gehalt sind zum Beispiel Sprossen und Keimlinge, Leber, Fleisch, Spargel und Avocados. Doch wie bei den Vitaminen gilt auch für L-Glutation: Lange Lagerung und Verarbeitung beeinflussen den Gehalt negativ. Ab Mitte 40 produziert der Körper weniger L-Glutathion, dann ist es sinnvoll besonders auf die Zufuhr achten. Dasselbe gilt bei erhöhter Belastung durch Erkrankung, Genussmittel und Schadstoffe.
Curcuma
Die gesundheitsfördernden Inhaltsstoffe der Gelbwurz sind mittlerweile gut erforscht und vielfältig eingesetzt: als Antioxidans, zur Förderung der kognitiven Fähigkeiten und sogar bei Krebs. Darüber hinaus weist Curcuma eine antihepatotoxische Wirkung auf (= gegen Lebergifte wirksam) und wird sogar mit der Mariendistel und ihrem Wirkstoff Silymarin verglichen. Das liegt am enthaltenen Polyphenol Curcumin, das die Leberzellen dazu anregt, vermehrt Gallensäure auszuschütten, und so die Verdauung ankurbelt. Weil die Curcuma darüber hinaus entzündungshemmende und zellschützende Eigenschaften hat, eignet sie sich optimal zur Unterstützung der Lebergesundheit.