Rot sehen –
woher kommt
die Farbe?
Es ist kein Zufall, dass Menschen, Vögel und andere Tiere von roten Himbeeren und blauen Heidelbeeren magisch angezogen werden.
Von Mag.a Ines Siegl
Es ist kein Zufall, dass Menschen, Vögel und andere Tiere von roten Himbeeren und blauen Heidelbeeren magisch angezogen werden. Die intensiven Farben der Früchte kommen von Pflanzenfarbstoffen, Anthocyane genannt, die viel mehr können, als nur gut auszusehen: Sie sind starke natürliche Radikalfänger (Antioxidantien) und spielen eine bedeutende Rolle im Zellschutz.
Haben Sie sich schon einmal gewundert, warum man manchen Menschen ihr Alter einfach nicht ansieht? Sie scheinen sich – auch über Jahre hinweg – einfach nicht zu verändern. Nun gibt es viele Faktoren, die ausmachen, wie alt oder jung jemand wirkt: vom Auftreten und Erscheinen über Körper- und Geisteshaltung, ob jemand viele Interessen hat und dadurch geistig agil ist, ob jemand allgemein fit ist, straffe Haut hat und dichtes Haar . . .
Neben all diesen Punkten spielen auch schädliche Sauerstoffverbindungen eine große Rolle in der Zellalterung. Diesen freien Radikalen fehlen in ihrer Struktur Sauerstoffatome, deshalb holen sie sich diese dort, wo es welche gibt. Zum Beispiel beim Erbgut (DNA), bei Fetten und Eiweiß. Das führt innerhalb der Zellen zu Schäden und gilt als der Hauptgrund hinter der Zellalterung, in weiterer Folge sogar als Grundlage für Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Alzheimer und altersbedingte Augenerkrankungen.
Die Farben des Herbstes
Die Farben des Herbstes
Starke Radikalfänger
Wer schon einmal Brombeeren oder Holunderbeeren geerntet hat, weiß: Helle Kleidung zu tragen ist unvorteilhaft – das Obst, genauer sein Zellsaft, hat eine intensive violett-blaue Farbe. Vergleichbar mit Rotwein färbt es alles, womit es in Berührung kommt. Grund dafür sind die wasserlöslichen Farbstoffe der Pflanze, die sogenannten Anthocyane. Zu finden in den äußeren Zellschichten, verleihen sie der Schale von Früchten und Gemüsen ihre intensive rote, violette und blaue Farbe, zum Beispiel bei Weintrauben, den verschiedensten Arten von Beeren, Melanzani (Auberginen) und Belugalinsen. Beeinflusst wird die Farbe der Anthocyane und deren Intensität vom pH-Wert ihrer Umgebung. In sauren Milieus überwiegen Rottöne, im alkalischen Bereich Violett- und Blautöne. Je höher der pH-Wert ist, umso anfälliger und instabiler werden die Anthocyane, das gilt es beim Einsatz zu beachten.
Biochemisch gesehen zählen Anthocyane zu den Bioflavonoiden (sekundäre Pflanzenstoffe) und wirken wie ein natürlicher Sonnenschutz. Das bedeutet, sie reduzieren Stress, der durch blaugrünes Licht und UV-Licht verursacht wird.
Radikalfänger in Rot, Violett und Blau
Radikalfänger in Rot, Violett und Blau
Aufgabe
Schutz vor UV-Licht: Anthocyane wirken wie ein natürlicher Sonnenschutz. Das bedeutet, sie reduzieren Stress, der durch blaugrünes Licht und UV-Licht verursacht wird, indem sie bestimmte Wellenlängen des Lichtes absorbieren. Genauer gesagt filtern sie sowohl Licht im unsichtbaren Wellenlängenbereich (UV-Strahlung) als auch im sichtbaren Bereich (Blau bis Grün). Das Licht würde ohne Anthocyane ungehindert auf die Zelle treffen und dort potenziell Schäden verursachen. Für maximale Wirksamkeit hat die Natur die Anthocyane deshalb in die äußeren Schichten der Pflanzenteile eingelagert – hier ist die UV-Filter-Funktion besonders wirksam.
Mehr noch: Die Pflanze kann den natürlichen UV-Schutz nach Bedarf regulieren. Trifft starkes UV-Licht auf die Pflanze, bedeutet das Stress. Als Stressreaktion werden chemische Botenstoffe ausgeschüttet, die wiederum die Produktion der Anthocyane anregen. Beispiel für so eine Stressreaktion ist die typische Rotfärbung von Keimlingen bei Kälte, Nährstoffmangel, Trockenheit, veränderten Lichtverhältnissen oder eben zu starker UV-Strahlung.
Starkes Antioxidans: Anthocyane binden freie Radikale, die bei oxidativem Stress entstehen. Darunter versteht man den Zustand, bei dem die Menge an freien Radikalen größer ist als die verfügbare Menge an entschärfenden Gegenspielern (Antioxidantien). Oxidativer Stress ist an sich eine völlig normale Folge vieler Stoffwechselprozesse im Körper. Kritisch wird es erst, wenn der Stress nicht mehr ausgeglichen werden kann. Die Folgen sind Müdigkeit, Leistungsabfall, Erschöpfung, Energiemangel, die Anfälligkeit für Infekte steigt, Wunden heilen schlechter etc.
Verführerisches Lockmittel: Die intensiven Farben von Pflanzen und vor allem deren Früchten entstehen, weil Anthocyane bestimmte Anteile des Lichtes herausfiltern. Schon von weitem sieht man reife Johannisbeeren, Himbeeren oder Heidelbeeren von den Sträuchern leuchten. Das lockt hungrige Insekten und Tiere an, die daraufhin die Samen der Pflanze weitertragen und so eine wichtige Rolle bei der Pflanzenvermehrung spielen.
Schutzfunktion nutzen
Zum Schutz vor Zellalterung und -beschädigung wird die Kraft der Anthocyane auch in der Naturheilkunde genutzt. Da die Pflanzenschutzstoffe aber licht- und temperaturempfindlich sind, gilt: je kürzer die Lagerung der Früchte, desto höher der Gehalt der Anthocyane. Wichtig ist, frische Früchte zu verwenden und diese so naturbelassen wie möglich zu konsumieren. Alternativ bieten sich Säfte an (Aronia, Holunderbeere) sowie Nahrungsergänzungsmittel, bei denen die antioxidativen Stoffe mittels Extraktionsverfahren aufgeschlossen werden. Der Vorteil hochwertiger Nahrungsergänzung: Bei akutem Bedarf lässt sich außerhalb der Saison frischer Beeren und dunkler Gemüsen die Kraft der Anthocyane nutzen. Die Einsatzbereiche antioxidativer Nahrungsergänzungsmittel sind breit gestreut, da alle Zellen von Oxidation betroffen sind – von den Augen über die Haut bis zur Stärkung der Immunabwehr im Allgemeinen.