Komfortzone
Küche –
Wohlbefinden
aus dem
Gewürzregal

Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten – darüber zu reden aber verbindet uns weltumspannend..

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Von Mag.a Ines Siegl


Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten – darüber zu reden aber verbindet uns weltumspannend. Was auf den Tisch kommt, mag sich unterscheiden, doch die Liebe zu Gewürzen ist in allen Küchen daheim. Dass die aromatischen Kräuter, Samen, Wurzeln, Früchte und anderen Pflanzenteile meist appetitanregende oder verdauungsfördernde Eigenschaften haben, ist mehr als ein glücklicher Zufall. 

Was alle Menschen eint, ist die Kreativität beim Essen, bei den Zubereitungsarten und Geschmackskombinationen. Essen ist dadurch auch etwas sehr Emotionales. Wir alle verbinden gewisse Gewürze, Texturen und Kombinationen mit gewissen Gefühlen und Erinnerungen, mit Menschen und Situationen. Das kommt daher, dass jede Geschmacks­erinnerung sehr komplex ist und der Geruchssinn genauso mitspielt wie das Mundgefühl, die Umgebung und die Gesellschaft. Denn Gerüche werden direkt ins Emotions-Areal des Gehirns weitergeleitet, ins limbische System. Geruch, Geschmack und Gefühle liegen sehr nah beieinander.

  Warum sind Salz und Zucker kein Gewürz?

Salz – Unter den Würzmitteln nimmt Salz eine Sonderrolle ein, da es hauptsächlich aus Natriumchlorid besteht (NaCl) und nicht von einer Pflanze stammt – somit ist Salz per Definition kein Gewürz. Ob in Form von Meersalz, Salinensalz oder Steinsalz, der tägliche Bedarf unseres Körpers entspricht zwischen 3 und 5 Gramm, bei Erkrankungen mit starkem Schwitzen und Flüssigkeitsverlust können es sogar bis zu 20 Gramm sein. Für die Tageszufuhr eines Erwachsenen empfiehlt die WHO (Weltgesundheitsorganisation) maximal 6 Gramm täglich (6 g = 1 Teelöffel Salz, 5 g = 1 TL gestrichen). Das „weiße Gold“ spielt eine wichtige Rolle bei vielen lebensnotwendigen Prozessen, wie dem Wasserhaushalt, dem Nervensystem, der Verdauung und dem Knochenaufbau. Ein dauerhafter Überkonsum ist aber genauso schlecht – führt zu Bluthochdruck und überlastet die Nieren – wie ein andauernder Mangel durch sehr salzarme Ernährung. Ein Mangel ist heute selten, da industriell verarbeitete Lebensmittel tendenziell viel Salz enthalten. Vor allem, weil es Lebensmittel haltbarer macht, den Eigengeschmack verstärkt und eine Grundlage für alle anderen Aromen bildet. Zum Würzen und Haltbarmachen eingesetzt wurde es bereits im 4. Jahrtausend vor Christus von den Sumerern und Babyloniern. 

Zucker – Haushaltszucker (Saccharose) wird zwar aus Pflanzen (Zuckerrüben, Zuckerrohr, …) gewonnen, ist aber kein Gewürz – dazu fehlen die ätherischen Öle. Wie Salz ist Zucker ein natürlicher Geschmacksverstärker, denn schon in kleinen Mengen hebt es die Aromen hervor. Ehemals wertvolles und teures Handelsgut, hat sich das Image von Zucker heute wegen dem übermäßigen Einsatz in der Lebensmittelindustrie gewandelt, einerseits wegen der übermäßigen Verwendung in verarbeiteten Lebensmitteln und deren negativen gesundheitlichen Auswirkungen, andererseits wegen der Vielzahl synthetischer Süßungsmittel (Aspartam, Saccharin). Gleichzeitig ist das Angebot an Zucker-Arten heute so groß wie nie – vom karamelligen Kokosblütenzucker über Birkenzucker bis zu Stevia. Dazu kommt die große Bandbreite von Zucker-Alternativen (Dattelsirup, Reissirup, Apfeldicksaft, Agavendicksaft, Ahornsirup, Honig, . . .).

Warum würzen?

Laut Definition ist ein Gewürz ein Pflanzenteil, der ätherische Öle enthält. Die Blätter, Blüten, Knospen, Zwiebeln, Wurzeln, Rinden, Samen oder Früchte von (Heil-)Pflanzen verleihen so den Gerichten, denen sie hinzugegeben werden, ihre gesundheitsfördernden Eigenschaften. Sie konservieren die Speisen, regen den Appetit an, fördern die Verdauung durch enthaltene Bitterstoffe und verhindern Blähungen. Obendrein verbessern und verstärken Gewürze den Geschmack. 

Bekanntlich unterscheiden wir bei Geschmäckern zwischen süß, salzig, sauer, bitter und umami („würzig“, „wohlschmeckend“). Ob „fettig“ auch eine eigene Geschmacksrichtung ist, wird diskutiert – dass Fett den Geschmack flüchtiger Aromastoffe in der Nahrung trägt und hervorhebt, ist lange schon kulinarisches Allgemeinwissen. Seitens der Hirnforschung genau studiert wird der Geschmack erst seit ein bisschen mehr als 15 Jahren. Aktuell geht man davon aus, dass je nach Art des Geschmacks unterschiedliche Signalübertragungsprozesse an den Sinneszellen der Zunge ablaufen. Die weit verbreitete und oft zitierte Zungenkarte mit den Geschmackszonen süß (vorne an der Spitze), salzig (Seitenränder vorne), sauer (Seitenränder hinten) und bitter (hinten in der Mitte) gilt heute als überholt. Sie beruht auf einer „schlechten Darstellung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse“ (Quelle: derstandard.at/story/2000089165296) und reicht zurück auf den deutschen Physiologen David Hänig. Eine Illustration in dessen „Psychophysik des Geschmackssinnes“ wurde von einem Wissenschaftskollegen aus dem Kontext genommen und führte zum falschen Bild der Geschmackszonen. Seit den 1960ern weiß man bereits, dass die Zunge so nicht funktioniert, doch das Bild hält sich hartnäckig. Der aktuelle wissenschaftliche Konsens vermutet die Rezeptoren für alle Geschmäcker in unterschiedlicher Intensität auf der ganzen Zunge verteilt.

In 10 Geschmäckern um die Welt

Von frisch und exotisch bis herb und scharf – sogar rund um den Erdball verteilt sich der Geschmack in unterschiedlicher Intensität. Das zeigt sich auch am Beispiel der folgenden Gewürzmischungen. 

  • Die Curry-Gewürzmischung, die wir kennen, gibt es in Indien gar nicht. Ursprünglich angelehnt an die Masalas (traditionelle indische Gewürzmischungen), kommt das gelbe Gewürzpulver eigentlich aus dem kolonialen England des 19. Jahrhunderts. Dort entstand das „Curry“ aus dem indischen „kari“, einem traditionellen Eintopf mit Gemüse, Fisch und/oder Fleisch. Eine Curry-Gewürzmischung besteht aus bis zu 36 verschiedenen Einzelgewürzen, darunter Curcuma, das die satte goldgelbe Farbe verleiht, Koriander, Kardamom, Kreuzkümmel, Senfkörner, Pfeffer, Ingwer, Zimt und Bockshornklee, Fenchelsamen, Sternanis, Nelken, Chili, Knoblauch und Mango-Pulver.  
  • Masala lautet der indische Name für „Gewürz“ oder „Zutat“ und ist gleichzeitig die Bezeichnung für verschiedene trockene Gewürzmischungen, die in der indischen Küche verwendet werden, wie Garam Masala, Chat Masala oder Tandoori Masala. Chat Masala ist mit Mangopulver, Granatapfelkernen und Kreuzkümmel pikant-säuerlich und eignet sich für Dressings, Salate, Samosas, Pakoras sowie Süßspeisen. Mit dem mild-exotischen Tandoori Masala, eingerührt in Naturjoghurt, wird meist Fleisch mariniert. Garam Masala bedeutet übersetzt „heißes Gewürz“ und vereint nach ayurvedischer Lehre Zutaten, die den Körper erhitzen (schwarzer Kardamom, Zimt, Gewürznelken, schwarzer Pfeffer und Kreuzkümmel). Um dem Gericht mit dem Masala den Grundgeschmack zu geben, wird die Gewürzmischung erst gegen Ende der Kochzeit zugegeben.
  • Baba Ganoush ist eine typisch levantinische Gewürzmischung und im südlichen und östlichen Mittelmeerraum beliebt als Gewürzdip auf Melanzani-Basis. Sein Geschmacksprofil ist intensiv würzig und leicht süß-säuerlich, was von getrockneten Granatapfelkernen kommt, von Zitronenschale, Pfeffer und Zimt sowie Kreuzkümmel- und Kardamomsamen. Gewürzdip und -mischung gibt es fertig zu kaufen. Wer den Dip selbst zubereiten mag, legt zuerst der Länge nach halbierte Melanzani auf den Grill oder in den Backofen, bis das Innere weich ist und mit dem Löffel herausgeholt werden kann. Dieses Mus wird gemischt mit Granatapfelkernen, Petersilie und/oder Koriander, Olivenöl, dem Abrieb und Saft einer Zitrone, einer Prise Salz und Rohrzucker sowie frisch geröstetem Sesam. Kreuzkümmel, Kardamom, Pfeffer und Zimt werden in einer trockenen Pfanne leicht angeröstet, im Mörser gemahlen und mit den anderen Zutaten vermischt. Gut durchziehen lassen!

  • Chinesisches Fünf-Gewürze-Pulver vereint die fünf Geschmäcker süß, sauer, bitter, salzig und umami durch die Kombination fünf verschiedener Gewürze: echter Sternanis, Szechuanpfeffer, Zimtkassie, Fenchelsamen und Gewürznelke. Alle Zutaten werden geröstet, gemischt und gemahlen, wobei der Sternanis aromatisch den Ton angibt. In Varianten des blumig-würzigen Pulvers finden sich auch Kardamom, Ingwer oder Lorbeer. Verwendet wird das Fünf-Gewürze-Pulver vorwiegend in Südchina, Vietnam, Thailand und Indonesien – vor allem zum Marinieren von Fleisch, Geflügel und Fisch, aber auch in Suppen und zu Gemüse. Sowohl gedämpfte Gerichte als auch Frittiertes (zur Panade hinzugegeben) gewinnen geschmacklich durch die Zugabe. 
  • Kräuter der Provence: Der mediterrane Allzweck-Gewürzmix hat seine Wurzeln in der südostfranzösischen Provence, bekannt für den Anbau von Duftpflanzen für die Parfümherstellung. Die Bilder von Lavendelfeldern, so weit das Auge reicht, kommen meist aus der Provence. Die auf der ganzen Welt bekannte Kräutermischung vereint traditionell Thymian, Basilikum, Rosmarin, Bohnenkraut und Oregano. Ergänzt wird die Basisrezeptur nach Belieben mit Majoran, Estragon, Lavendelblüten, Lorbeer, Salbei, Kerbel oder Dill. Das feinherbe Aroma der Kräuter passt gut zu Fleisch, Fisch, Kartoffeln, Marinaden, Suppen und Salaten und macht die Speisen leichter verdaulich. Im Kräutertopfen schmecken die Kräuter ebenso wie in der Kräuterbutter, zu Pizza und Pasta.

  • Hildegard-Gewürze: Die kräuterkundige deutsche Äbtissin Hildegard von Bingen ist zwar nicht bekannt für eine einzelne spezielle Gewürzmischung, doch bei Galgant, Bertram, Quendel und Ysop liegt der Gedanke an sie nahe. In ihrem Kloster wurde viel mit den gesundheitsfördernden Wirkungen von Heilpflanzen gearbeitet und neben heimischen Gewürzen wurden auch südostasiatische verwendet. Die Gewürze wurden zu Pulver gemahlen, in Suppen und Tee eingestreut sowie in Brei oder verschiedene Teige eingearbeitet, aus denen Brot oder Kuchen gebacken wurde. Einzunehmen sind diese Speisen wie Medizin.

  Gewürz-Tipps

Curcuma – unsere Heilpflanze des Jahres 2021:

  • Magenschonend: Curcuma zu Beginn des Kochens zum Reis geben für mehr Bekömmlichkeit
  • Sattes Gelb: Hellen Teigen verleiht Curcuma eine schöne Farbe, interessant auch für vegane Teige ohne Eigelb und veganes „Rührei“ aus Tofu.
  • Im Frühstücksbrei: Ob Hafer-, Reis- oder Hirseporridge – Curcuma passt hervorragend ins warme Frühstück.

Sternanis: 

  • Der Gewürzklassiker aus der Weihnachtsbäckerei macht sich ebenso großartig in Apfelstrudel, Obstkuchen und verschiedenen Sorten Kompott. 
  • Mit Honig zu einer Paste gerührt, passt Sternanis als aromatisches Topping zu Müsli, Porridge und Desserts.

Macht Eier bekömmlicher:

  • Quendel, Wermut, Rosmarin und ein wenig Salz – diese Kräutermischung macht laut Apotheker Mannfried Pahlow Eier bekömmlicher.
  • Za’atar: Za’atar (Zatar, Satar) bedeutet „Thymian“ auf Arabisch und ist typisch für den Nahen Osten, Nordafrika und die Türkei. Im Grundrezept wird wilder Thymian kombiniert mit geröstetem Sesam, Sumach und Salz. Mit Olivenöl gemischt wird Za’atar auf Fladenbrot (vor dem Backen), zu Fleisch, Hummus oder anderen Dips, Falafel oder Taboulé gegeben. Je nach Region variieren die Zutaten und Ergänzungen mit Koriander, Anis, Fenchel, Sonnenblumenkernen und Nüssen sind optional. 

  • Harissa: Die scharfe Gewürzpaste aus dem Maghreb (Nordwestafrika) besteht aus frischen Chilis, Kreuzkümmel, Koriandersamen, Knoblauch, Salz und Olivenöl. Es gibt so viele Abwandlungen wie es Köchinnen und Köche gibt, und sogar im heimischen Supermarkt findet man die rote Paste meist problemlos. Fürs Grundrezept werden Chilis, Knoblauch und die Gewürze in einem Mörser oder Standmixer fein zerkleinert. Schluckweise Olivenöl zugeben, bis eine Paste entsteht. Je nach Geschmack kommen zu dieser Basis Essig, Minze, Koriander, Zitronensaft und Oliven. Verwendet wird Harissa als Würze in Suppen und Soßen, aber auch als Brotaufstrich, zu Nudeln und Reis, zu Mezze (orientalische Vorspeisen) und Couscous. 
  • Chimichurri: Die frisch-scharfe argentinische Sauce wird vorwiegend zu Gegrilltem gereicht (Rindfleisch, Geflügel und Fisch), als Marinade geschätzt sowie als Dip. Die Hauptzutat von Chimichurri ist Petersilie, dazu kommen Minze und Basilikum sowie Ingwer und Limette, die dem frischen Kräutermix die angenehme Säure geben. 

  • Chakalaka: Die afrikanische Würzsauce hat ihren Ursprung angeblich in Botswana und kombiniert Tomaten, Karotten, Paprika, Chilischoten, Bohnen und Weißkraut, gewürzt mit Knoblauch, Pfeffer, Curry, Ingwer und Koriander. Der Mix wird als scharfer Relish mit Brot serviert, passt gut zu Gegrilltem und wird auch als Beilage verwendet. Chakalaka eignet sich darüber hinaus zum Marinieren, als Würze, als Dip für Gemüse und Cracker sowie im Salatdressing.  

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