
Komfortzone
Küche –
Wohlbefinden
aus dem
Gewürzregal
Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten – darüber zu reden aber verbindet uns weltumspannend..

Von Mag.a Ines Siegl
Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten – darüber zu reden aber verbindet uns weltumspannend. Was auf den Tisch kommt, mag sich unterscheiden, doch die Liebe zu Gewürzen ist in allen Küchen daheim. Dass die aromatischen Kräuter, Samen, Wurzeln, Früchte und anderen Pflanzenteile meist appetitanregende oder verdauungsfördernde Eigenschaften haben, ist mehr als ein glücklicher Zufall.
Was alle Menschen eint, ist die Kreativität beim Essen, bei den Zubereitungsarten und Geschmackskombinationen. Essen ist dadurch auch etwas sehr Emotionales. Wir alle verbinden gewisse Gewürze, Texturen und Kombinationen mit gewissen Gefühlen und Erinnerungen, mit Menschen und Situationen. Das kommt daher, dass jede Geschmackserinnerung sehr komplex ist und der Geruchssinn genauso mitspielt wie das Mundgefühl, die Umgebung und die Gesellschaft. Denn Gerüche werden direkt ins Emotions-Areal des Gehirns weitergeleitet, ins limbische System. Geruch, Geschmack und Gefühle liegen sehr nah beieinander.
Warum sind Salz und Zucker kein Gewürz?
Warum sind Salz und Zucker kein Gewürz?
Warum würzen?
Laut Definition ist ein Gewürz ein Pflanzenteil, der ätherische Öle enthält. Die Blätter, Blüten, Knospen, Zwiebeln, Wurzeln, Rinden, Samen oder Früchte von (Heil-)Pflanzen verleihen so den Gerichten, denen sie hinzugegeben werden, ihre gesundheitsfördernden Eigenschaften. Sie konservieren die Speisen, regen den Appetit an, fördern die Verdauung durch enthaltene Bitterstoffe und verhindern Blähungen. Obendrein verbessern und verstärken Gewürze den Geschmack.
Bekanntlich unterscheiden wir bei Geschmäckern zwischen süß, salzig, sauer, bitter und umami („würzig“, „wohlschmeckend“). Ob „fettig“ auch eine eigene Geschmacksrichtung ist, wird diskutiert – dass Fett den Geschmack flüchtiger Aromastoffe in der Nahrung trägt und hervorhebt, ist lange schon kulinarisches Allgemeinwissen. Seitens der Hirnforschung genau studiert wird der Geschmack erst seit ein bisschen mehr als 15 Jahren. Aktuell geht man davon aus, dass je nach Art des Geschmacks unterschiedliche Signalübertragungsprozesse an den Sinneszellen der Zunge ablaufen. Die weit verbreitete und oft zitierte Zungenkarte mit den Geschmackszonen süß (vorne an der Spitze), salzig (Seitenränder vorne), sauer (Seitenränder hinten) und bitter (hinten in der Mitte) gilt heute als überholt. Sie beruht auf einer „schlechten Darstellung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse“ (Quelle: derstandard.at/story/2000089165296) und reicht zurück auf den deutschen Physiologen David Hänig. Eine Illustration in dessen „Psychophysik des Geschmackssinnes“ wurde von einem Wissenschaftskollegen aus dem Kontext genommen und führte zum falschen Bild der Geschmackszonen. Seit den 1960ern weiß man bereits, dass die Zunge so nicht funktioniert, doch das Bild hält sich hartnäckig. Der aktuelle wissenschaftliche Konsens vermutet die Rezeptoren für alle Geschmäcker in unterschiedlicher Intensität auf der ganzen Zunge verteilt.
In 10 Geschmäckern um die Welt
Von frisch und exotisch bis herb und scharf – sogar rund um den Erdball verteilt sich der Geschmack in unterschiedlicher Intensität. Das zeigt sich auch am Beispiel der folgenden Gewürzmischungen.
- Die Curry-Gewürzmischung, die wir kennen, gibt es in Indien gar nicht. Ursprünglich angelehnt an die Masalas (traditionelle indische Gewürzmischungen), kommt das gelbe Gewürzpulver eigentlich aus dem kolonialen England des 19. Jahrhunderts. Dort entstand das „Curry“ aus dem indischen „kari“, einem traditionellen Eintopf mit Gemüse, Fisch und/oder Fleisch. Eine Curry-Gewürzmischung besteht aus bis zu 36 verschiedenen Einzelgewürzen, darunter Curcuma, das die satte goldgelbe Farbe verleiht, Koriander, Kardamom, Kreuzkümmel, Senfkörner, Pfeffer, Ingwer, Zimt und Bockshornklee, Fenchelsamen, Sternanis, Nelken, Chili, Knoblauch und Mango-Pulver.
- Masala lautet der indische Name für „Gewürz“ oder „Zutat“ und ist gleichzeitig die Bezeichnung für verschiedene trockene Gewürzmischungen, die in der indischen Küche verwendet werden, wie Garam Masala, Chat Masala oder Tandoori Masala. Chat Masala ist mit Mangopulver, Granatapfelkernen und Kreuzkümmel pikant-säuerlich und eignet sich für Dressings, Salate, Samosas, Pakoras sowie Süßspeisen. Mit dem mild-exotischen Tandoori Masala, eingerührt in Naturjoghurt, wird meist Fleisch mariniert. Garam Masala bedeutet übersetzt „heißes Gewürz“ und vereint nach ayurvedischer Lehre Zutaten, die den Körper erhitzen (schwarzer Kardamom, Zimt, Gewürznelken, schwarzer Pfeffer und Kreuzkümmel). Um dem Gericht mit dem Masala den Grundgeschmack zu geben, wird die Gewürzmischung erst gegen Ende der Kochzeit zugegeben.
- Chinesisches Fünf-Gewürze-Pulver vereint die fünf Geschmäcker süß, sauer, bitter, salzig und umami durch die Kombination fünf verschiedener Gewürze: echter Sternanis, Szechuanpfeffer, Zimtkassie, Fenchelsamen und Gewürznelke. Alle Zutaten werden geröstet, gemischt und gemahlen, wobei der Sternanis aromatisch den Ton angibt. In Varianten des blumig-würzigen Pulvers finden sich auch Kardamom, Ingwer oder Lorbeer. Verwendet wird das Fünf-Gewürze-Pulver vorwiegend in Südchina, Vietnam, Thailand und Indonesien – vor allem zum Marinieren von Fleisch, Geflügel und Fisch, aber auch in Suppen und zu Gemüse. Sowohl gedämpfte Gerichte als auch Frittiertes (zur Panade hinzugegeben) gewinnen geschmacklich durch die Zugabe.
- Hildegard-Gewürze: Die kräuterkundige deutsche Äbtissin Hildegard von Bingen ist zwar nicht bekannt für eine einzelne spezielle Gewürzmischung, doch bei Galgant, Bertram, Quendel und Ysop liegt der Gedanke an sie nahe. In ihrem Kloster wurde viel mit den gesundheitsfördernden Wirkungen von Heilpflanzen gearbeitet und neben heimischen Gewürzen wurden auch südostasiatische verwendet. Die Gewürze wurden zu Pulver gemahlen, in Suppen und Tee eingestreut sowie in Brei oder verschiedene Teige eingearbeitet, aus denen Brot oder Kuchen gebacken wurde. Einzunehmen sind diese Speisen wie Medizin.
Gewürz-Tipps
Gewürz-Tipps
- Harissa: Die scharfe Gewürzpaste aus dem Maghreb (Nordwestafrika) besteht aus frischen Chilis, Kreuzkümmel, Koriandersamen, Knoblauch, Salz und Olivenöl. Es gibt so viele Abwandlungen wie es Köchinnen und Köche gibt, und sogar im heimischen Supermarkt findet man die rote Paste meist problemlos. Fürs Grundrezept werden Chilis, Knoblauch und die Gewürze in einem Mörser oder Standmixer fein zerkleinert. Schluckweise Olivenöl zugeben, bis eine Paste entsteht. Je nach Geschmack kommen zu dieser Basis Essig, Minze, Koriander, Zitronensaft und Oliven. Verwendet wird Harissa als Würze in Suppen und Soßen, aber auch als Brotaufstrich, zu Nudeln und Reis, zu Mezze (orientalische Vorspeisen) und Couscous.
- Chakalaka: Die afrikanische Würzsauce hat ihren Ursprung angeblich in Botswana und kombiniert Tomaten, Karotten, Paprika, Chilischoten, Bohnen und Weißkraut, gewürzt mit Knoblauch, Pfeffer, Curry, Ingwer und Koriander. Der Mix wird als scharfer Relish mit Brot serviert, passt gut zu Gegrilltem und wird auch als Beilage verwendet. Chakalaka eignet sich darüber hinaus zum Marinieren, als Würze, als Dip für Gemüse und Cracker sowie im Salatdressing.
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