
Im Takt
der Gefühle
Hormone spielen eine zentrale Rolle. Sie bestimmen, wie Frau sich fühlt, was sie braucht, wie sie denkt, wieviel Energie und Tatendrang sie hat.

Von Mag.a Ines Siegl
Hormone spielen eine zentrale Rolle. Sie bestimmen, wie Frau sich fühlt, was sie braucht, wie sie denkt, wieviel Energie und Tatendrang sie hat. Wir spannen einen Bogen von der Pubertät bis in den Wechsel und widmen uns der Pille, Fruchtbarkeit, PCOS und den vier inneren Jahreszeiten, durch die eine Frau in ihrem Zyklus geht.
Hormone sind biochemische Botenstoffe, die im endokrinen System des Körpers gebildet werden. Dazu zählen zahlreiche Drüsen und Zellgewebe wie Eierstöcke, Hoden, Schilddrüse, Zirbeldrüse, Hirnanhangsdrüse und Nebenniere. Der Name „Hormon“ ist griechischen Ursprungs und bedeutet „antreiben“, „erregen“, denn genau das tun diese Botenstoffe des Körpers: Sie bringen Abläufe in Gang und regulieren Stoffwechselvorgänge, zum Beispiel den Muskel- und Knochenaufbau, die geistige Aktivität, den Sexualtrieb und den Menstruationszyklus. Darüber hinaus spielen sie beim Aufspalten der Nahrung mit (Zucker- und Fettstoffwechsel). Weil ihre Aufgaben und Einsatzmöglichkeiten vielfältig sind, gibt es mehrere Gruppen von Hormonen. In diesem Beitrag interessieren uns in erster Linie die beiden wichtigsten Hormone im weiblichen Zyklus: Estrogen und Progesteron. Sie sind nicht auf Frauen limitiert und werden auch beim Mann gebildet, jedoch nicht im selben Ausmaß. Dasselbe trifft zu auf das männliche Sexualhormon Testosteron zu, das nicht nur im männlichen Körper wichtige Funktionen übernimmt, sondern auch im weiblichen Körper, in geringerem Maß, vorkommt. (Mehr zu Hormonen im Artiekl Männergesundheit).
Estrogen und Progesteron
Bei den Estrogenen handelt es sich um eine Gruppe von Steroidhormonen, die früher Östrogene genannt wurden. Für die weibliche Sexualentwicklung ist vor allem Estradiol bedeutend, das aus der Testosteronvorstufe Androgen gebildet wird. Estrogene erfüllen im Körper mehrere Aufgaben und bewegen sich durchs Blut, indem sie sich an Eiweiß binden. Durch ihre besondere Botenrolle werden Estrogene bei der Zelle direkt zum Zellkern transportiert, wo sie die Zellaktivität beeinflussen. Bekannt ist die Rolle der Sexualhormone in der Entwicklung der weiblichen Geschlechtsorgane (Vagina, Gebärmutter, Eierstock, Eileiter, Brüste) sowie jener von Stimme und Hautbild. Auch ihre Rolle im weiblichen Monatszyklus ist weithin bekannt. Darüber hinaus beeinflussen Estrogene auch die Knochen, weshalb ein verminderter Spiegel im Blut zu Knochenschwund (Osteoporose) führen kann. Weiters stimulieren Estrogene das Immunsystem, steigern das Hörvermögen und sind beteiligt am Verarbeiten von akustischen Eindrücken (Sprache und Geräusche).
Gebildet wird Estrogen im weiblichen Körper hauptsächlich in den Eierstöcken (Ovarien) und den Eibläschen (Follikel), kleine Mengen kommen aus der Nebenniere, während einer Schwangerschaft auch aus der Plazenta.
Neben dem Estrogen spielt das sogenannte Gelbkörperhormon Progesteron eine zentrale Rolle im weiblichen Zyklus. Es wird als Gegenspieler von Estrogen bezeichnet weil es nach dessen Dominanz in der ersten Zyklushälfte, die zweite Zyklushälfte reguliert. Nach dem Eisprung ist Progesteron wichtig für die Vorbereitung und Erhaltung einer Schwangerschaft und leitet dazu eine Ruhephase der Gebärmutter ein, in der die Körpertemperatur leicht erhöht ist.
Ein Mangel kann sowohl bei Estrogen als auch bei Progesteron entstehen. Estrogen-Mangel äußert sich (auch vor Beginn der Wechseljahre) mit Zyklusstörungen, trockenen Schleimhäuten, Hitzewallungen, Unruhe, Schlafstörungen, Juckreiz und Infektionen im Intimbereich bis hin zu Depressionen, Konzentrationsstörungen, trockenen Augen und Haaren, erhöhten Blutfetten, Muskel- und Gelenksschmerzen und Herz-Rhythmus-Störungen. Ein Progesteron-Mangel zeigt sich ebenso durch Zyklusstörungen sowie durch Brustschmerzen, Vitalitätsmangel, starkes Schwitzen, Schlafstörungen und emotionale Unausgeglichenheit.
Pubertät und Wechsel
Bei einem neugeborenen Mädchen ist der Estrogenspiegel noch sehr hoch, bildet sich aber in den ersten Wochen des Lebens zurück. Erst zu Beginn der Pubertät mit rund 10 Jahren startet dann ein penibel aufeinander abgestimmtes Hormonfeuerwerk, das die Prozesse orchestriert und im Eierstock die Ausschüttung von Estrogen und Progesteron aktiviert. Das löst die erste Monatsblutung aus, bei den meisten Mädchen ist das zwischen dem 10. und 16. Lebensjahr. Die erste Blutung wird Menarche genannt und setzt rund zwei Jahre nach Wachstum von Schambehaarung und Brustansatz ein.
Menstruation
Menstruation
Frauen menstruieren rund 500 mal im Leben und verbringen insgesamt 6 bis 7 Jahre mit Bluten.
Der Start in die sexuelle Reife ist meist mit vielen Herausforderungen verbunden: Die Figur verändert sich, Brust und Körperbehaarung tauchen auf und werden vom Umfeld wahrgenommen, die Emotionen fahren Achterbahn, das Selbstwertgefühl ist verringert und das Schamgefühl verstärkt. Die Flut der neuen Hormone macht sensibel und launisch. Das rechte Maß an Aufklärung über die Vorgänge, Verständnis und Einfühlungsvermögen sind jetzt besonders wichtig für die Heranwachsende. Bezugspersonen sollten die Launenhaftigkeit ihres Schützlings in dieser Zeit nicht persönlich nehmen, sondern mit Hausverstand und Fingerspitzengefühl vorgehen: Die junge Frau braucht starke Vorbilder in einer Welt, die Menstruation teils immer noch tabuisiert und nur bedingt einzugehen vermag auf die Bedürfnisse und Herausforderungen, die in dieser Welt mit der Geschlechtsreife verbunden sind.
Lernt die junge Frau nicht gleich, wie sie mit sich selbst während der Periode umgeht, so hat sie immerhin bis zu ihren Wechseljahren Gelegenheit, sich mit ihrer hormonellen Innenwelt vertraut zu machen. Denn von nun an wird der Hormonhaushalt zum Taktstock im Leben und tritt frühestens dann in den Hintergrund, wenn alle Phasen der Wechseljahre abgeschlossen sind. Es gilt sich mit den inneren Rhythmen vertraut zu machen und nicht gegen sie zu arbeiten. Ideen dazu findet man in zahlreichen Büchern, Blogs, Apps und bei Zykluscoaches, aber auch im offenen Gespräch mit Freundinnen und Vertrauten.
Das Klimakterium, wie die Wechseljahre auch genannt werden, lässt sich in drei Phasen teilen. Die erste, genannt Prämenopause beginnt rund um das 40. Lebensjahr, wenn sich die Hormonproduktion in den Eierstöcken zu verlangsamen beginnt. Es folgt die Perimenopause, rund um das 50. Jahr, in der sich die Hormonproduktion weiter verändert und die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, sehr gering ist. Die dritte Phase ist die Postmenopause, von der gesprochen wird, wenn die letzte Regel bereits ein Jahr zurückliegt und sich der Progesteron- und Estrogenmangel gefestigt haben.
Ganz los wird Frau die Hochschaubahn der Gefühle in Form von Hormonen aber auch dann nicht: Nach der Menopause kann beispielsweise weiterhin ein Estrogen-Mangel die Lebensqualität beeinträchtigen.
Schutz durch Menopause
Schutz durch Menopause
Amerikanische Forscher haben herausgefunden, dass Hormonersatztherapien bei Frauen nach den Wechseljahren das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.
Fruchtbarkeit
Eine Frau kommt mit über einer Millionen Eizellen zur Welt. Schon zur Geburt sind alle Eizellen vorhanden, die im Leben zur Verfügung stehen. Im Gegensatz zu Spermien bilden sie sich nicht nach – ihre Zahl nimmt im Laufe des Lebens kontinuierlich ab. Zu Beginn der Pubertät und dem Einsetzen der Periode sind es noch 300.000 bis 500.000 Eizellen. Von diesen werden im Laufe der Zeit rund 500 aus dem Eierstock freigesetzt und können befruchtet werden. Im Alter zwischen 23 und 30 Jahren ist die Fruchtbarkeit am größten. Ab 35 Jahren ist sie eingeschränkt und sinkt weiter. Ab Mitte 40 können die meisten Frauen auf natürlichem Weg keine Kinder mehr bekommen.
Hormonelle Ungleichgewichte
Das Hormonsystem ist von vielen inneren und äußeren Faktoren beeinflusst. Dazu zählen Stress, psychische Belastung, der Lebensstil (Ernährung, Sport) und tiefgreifende Veränderungen (Umzug, Jobwechsel, persönliches Umfeld …). Kommt es zu anhaltenden Ungleichgewichten, kann das auf eine Erkrankung schließen lassen oder zu einer führen. Die häufigsten Erkrankungen sind das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS), Endometriose, das POF-Syndrom („premature ovarian failure“, die frühen Wechseljahre) aber auch Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes.
Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS)
Herrschen zu viele männliche Geschlechtshormone im Blut vor, spricht man vom PCO-Syndrom, das zu den häufigsten hormonbedingten Erkrankungen bei Frauen zählt. Betroffen sind in Österreich geschätzt 5 bis 7 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter. Der Name „polyzystisch“ rührt daher, dass an den symptomatisch vergrößerten Eierstöcken viele kleine Zysten wachsen (poly = viel). Typische PCOS-Symptome sind unregelmäßige Regelblutungen, Hautunreinheiten und Akne, vermehrte Körperbehaarung bis Haarausfall, Übergewicht und Unfruchtbarkeit – sie sind nicht sehr eindeutig und können auch auf viele andere Faktoren zurückzuführen sein. Darum dauert es bis zur Diagnose meist sehr lange, sehr zum Nachteil der Betroffenen, deren Lebensqualität sich drastisch einschränken kann. Häufig liegt auch eine Insulinresistenz vor, durch die es im Körper zu einer Kettenreaktion kommt und ein Kreislauf aus mehreren Ungleichgewichten zusammenspielt.
Für die Diagnose wird der Hormonstatus via Blutabnahme erstellt, Nüchtern-Insulin sowie Nüchtern-Glucose-Status werden erhoben. Zusätzlich können ein Zuckerbelastungstest und Blutdruckmonitoring Aufschluss geben.
Um bei PCOS wieder in den Rhythmus zu kommen, braucht es die angemessene Ernährung, ein aktives Leben, Freude an Bewegung. Auch eine Gewichtsreduktion hilft, die Stoffwechselprozesse wieder in Schwung zu bringen und mit ihnen die Hormone. Als Unterstützung haben sich sanfte Pflanzenhormone aus Rotklee und Yams etabliert. Im Gegensatz zu synthetischen Hormontherapien, wie der Einnahme der Antibabypille, die den Androgen-Status ausgleichen sollen, regulieren Phytohormone schonend und ohne Nebenwirkungen durch Einsatz hochwertiger natürlicher Pflanzenstoffe.

Pille mit Nebenwirkungen
Die zahlreichen Freiheiten und Vorteile durch Antibabypillen (Kontrazeptiva) haben ihren Preis. Die hormonelle Verhütung löst bei vielen Frauen Kopfschmerzen aus, kann zu Gewichtszunahme führen, Depressionen und einem gestörten Mikrobiom, das Pilzinfektionen begünstigt. Auch Krebs, Osteoporose und Schilddrüsenerkrankungen können von der Pille verursacht werden, weil einer ihrer Wirkstoffe aus synthetischen Estrogenen besteht, die das Immunsystem beeinflussen. Generell steigt durch die Pille das Thromboserisiko sowie die Wahrscheinlichkeit, an einer Autoimmunerkrankung zu erkranken. Und: Die Pille gilt als Nährstoffräuber (B-Vitamine, Vitamin C, Zink, Magnesium).
Endometriose
Weltweit leiden rund 190 Millionen Frauen an dieser gutartigen chronischen Erkrankung der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium), in Österreich sind rund 200.000 Frauen betroffen. Nach Myomen (Gebärmutter-Wucherungen) sind Endometriosen die zweithäufigste gutartige gynäkologische Erkrankung von Frauen im gebärfähigen Alter. Weil die Symptome sehr unspezifisch und den häufigsten Regelbeschwerden sehr ähnlich sein können, wissen viele Frauen lange nichts davon – 7 bis 10 Jahre dauert es im Schnitt bis zur Diagnose.
Ernährung bei Regelbeschwerden
Ernährung bei Regelbeschwerden
Vegetarische und fettarme Ernährung kann Symptome signifikant lindern, besagt eine Studie aus dem Jahr 2000. Darüber hinaus stehen gewisse Lebensmittel im Zusammenhang, prämenstruelle Beschwerden verstärken zu können (Kaffee, Cola und Energydrinks, Salz und Alkohol).
Endometriosen entstehen über die Gebärmutterschleimhaut, die sich in jedem Zyklus vor dem Eisprung aufbaut. Dieses Schleimhautgewebe kann sich auch außerhalb der Gebärmutterhöhle im Bauchraum absetzen und dort zu den sogenannten Endometriose-Herden werden, die umliegendes Gewebe beeinträchtigen und während der Periode mitunter zu bluten beginnen. Ist das der Fall, können Blutzysten an den Eierstöcken entstehen sowie Wucherungen und Narbengewebe an Bauchfell, Gebärmutter, Eierstöcken, Blase und Darm.
Typische Symptome einer Endometriose sind krampfartige Schmerzen vor und während der Menstruation sowie beim Geschlechtsverkehr, die auch chronisch verlaufen können. Sie werden mitunter begleitet von Völlegefühl, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Größe und Lage der Herde bestimmen den Grad der Schmerzen, wobei aber auch eine ausgeprägte Endometriose ohne Beschwerden verlaufen kann, während kleine Herde große Schmerzen bereiten können. Die Fruchtbarkeit kann beeinträchtigt sein.
POF-Syndrom („premature ovarian failure“)
Bei einer „vorzeitigen Ovarialinsuffizienz“, kurz POF, beginnen die Eizellen schon früh ihre Reifung einzustellen und es kommt zur verfrühten Menopause, die bereits vor dem 40. Lebensjahr eintreten kann. Zu den Auslösern zählen genetische Faktoren, Autoimmun- und Stoffwechselkrankheiten sowie Chemotherapien. POF wird schulmedizinisch mit Hormonen therapiert. Falls ein Kinderwunsch besteht, sollte die Möglichkeit einer Eizellenspende in Erwägung gezogen werden.
Die Mitte wärmen
Die Mitte wärmen
Neben Wärmeflaschen und Kirschkernkissen wärmen Gerichte wie Porridge, Suppen oder Eintöpfe von innen und können helfen die Schmerzen während der Regel zu lindern. Kalte Weckerl, Joghurt und Zitrusfrüchte wirken kühlend und sollten mit Maß gegessen werden.
Bewegung
Manchmal liegt die Ursache für Krämpfe und Verspannungen an Bewegungsmangel und falscher Atmung. Deshalb können regelbedingte Beschwerden bis hin zu Zyklusunregelmäßigkeiten mit gezielten Entspannungsübungen gelindert und vorgebeugt werden. Sogar im Akutfall, wie bei Spannungskopfschmerzen und Unterleibskrämpfen, kann sanftes Dehnen oder Yin Yoga eine wahre Wohltat sein. Yin Yoga ist eine ruhigere Form des Yoga, bei denen die Übungen langsamer ausgeführt werden und die weiblichen Qualitäten im Vordergrund stehen.
Unterstützend kann Magnesium eingenommen werden, es lindert Krämpfe und hilft Spannungs-Kopfschmerzen vorzubeugen. Ein paar Runden Spazierengehen oder Radfahren in der Woche machen schon einen Unterschied – am besten kombinieren Sie leichten Ausdauersport in der 2. Zyklushälfte mit ausreichend Ruhephasen, denn gerade kurz vor und während der Menstruation brauchen viele Frauen mehr Schlaf als sonst.
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