Bodenlos. 
Warum uns
die Elemente ausgehen

Der natürliche Nährstoffkreislauf unserer Böden ist durch kurzsichtige Anbaupraktiken durchbrochen.

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Der natürliche Nährstoffkreislauf unserer Böden ist durch kurzsichtige Anbaupraktiken durchbrochen – sie verarmen. Die Folge sind weltweite Mikronährstoffmängel für Generationen.

Hochleistungssorten, Kunstdünger, Pestizide: Die gängigen Anbaupraktiken der konventionellen Landwirtschaft sind nicht darauf ausgelegt, langfristig gesunde Böden zu erhalten, sondern kurzfristig hohe Erträge einzubringen. Eine Folge ist der drastische Verlust von Humus – der Stoff, auf dem alles wächst, was wir zum Leben brauchen. Humus ist als Nährstoff- und Wasserspeicher auch Heimat des Bodenlebens, das Nährstoffe für die Pflanzen aufbereitet. Pflanzen, die wir in Folge direkt oder indirekt aufnehmen. Durch die intensive Bearbeitung wird Humus kontinuierlich abgetragen, Nährstoffe und Wasser können nicht im Boden gehalten werden, waschen aus und werden ins Meer gespült. Schon lange ist bekannt, dass die Bodenfruchtbarkeit drastisch abnimmt. Das spiegelt sich im Rückgang der Mikronährstoffe aus unserer Nahrung, was weltweite Forschungen eindringlich bestätigen. 

Versorgung für alle

Pflanzen, Tiere und Menschen sind jedoch auf eine gewisse Versorgung mit den Elementen angewiesen. Und die sind auf der Erde ohnedies schon sehr ungleich verteilt.Manchen Gebieten mangelt es von Grund auf an bestimmten Nährstoffen. Referenzwerte zum Nährstoffbedarf auf Basis des aktuellen Wissensstandes kommen daher ganz recht. Es gibt sie nicht nur für den Menschen, sondern auch für Pflanzen und Tiere. 

Bei der praktischen Umsetzung dieses Wissens steigen die Tiere noch am Besten aus: Tierfutter mit Eisen, Mangan, Zink, Kupfer und Iod sind Standard, sogar in der Massentierhaltung. Im Gegensatz dazu sind bei Pflanzen zwar 15 essenzielle Nährstoffe definiert, gedüngt werden aber nur drei (Natrium, Phosphor und Kalium). Und die decken sich nicht einmal mit den Spurenelementen, die für Menschen essenziell sind. Die meisten Mikronährstoffe bleiben auf der Strecke.

Die Mängel in den Pflanzen werden über die Nahrungskette an den Menschen weitergegeben. Das bringt uns zur aktuellen Lage, in der bereits weitreichende Mikronährstoffdefizite in der Weltbevölkerung verzeichnet werden. Am häufigsten sind Eisen (geschätzt 60-80 Prozent), Iod (geschätzt 30 Prozent), Zink (geschätzt 30 Prozent), Selen (geschätzt 15 Prozent), Vitamin A und Folsäure. Sie alle stehen im Zusammenhang mit Wachstumsstörungen, geistigen Beeinträchtigungen sowie einem erhöhten Krankheits- und Sterblichkeitsrisiko. Weitergegeben werden sie über Generationen (siehe Grafik). Dabei ließen sie sich mit verhältnismäßig einfachen Maßnahmen ausgleichen. 

Geringer Aufwand – große Wirkung

Was eine gezielte Nährstoffbereitstellung bewirken kann, zeigen folgende Beispiele.

Fehlt Jod in der Schwangerschaft und dem frühen Kindesalter, hat das großen Einfluss auf die geistige Entwicklung. Studien aus China zeigten, dass Kinder aus Gebieten mit Jodmangel im Durchschnitt einen 12 % geringeren IQ hatten, als Kinder aus Gebieten ohne Jodmangel. Mit gezielter Ergänzung über einen längeren Zeitraum konnte der IQ gehoben werden. 

Seit den 1970ern ist der Zusammenhang zwischen Lithiummangel im Trinkwasser und erhöhter Gewaltbereitschaft und Aggression sowie höheren Suizidraten bekannt. In der Psychiatrie zählt Lithium zu den wichtigsten Medikamenten bei Depressionen. Als Nahrungsergänzung ist es in der ganzen EU verboten. 

In Finnland suchte man nach einer Möglichkeit, Herzerkrankungen in der Bevölkerung vorzubeugen und begann den Kunstdüngern Selen hinzuzufügen, um die Selenarmut der Böden auszugleichen. Die Selenspiegel der Finnen konnten dadurch gehoben werden und Herzerkrankungen sowie Krebs treten seither weniger häufig auf. Außer Finnland wird in keinem europäischen Land mit Selen gedüngt, in der Bio-Landwirtschaft ist es sogar verboten. 

„Mikronährstoffdefizite haben direkte Auswirkungen auf den Einzelnen und auf Gesellschaften, was zu einer schlechteren Gesundheit führt, niedrigem Bildungsniveau, verminderter Arbeitsfähigkeit und Verdienstmöglichkeiten. Die Ernährung ist der anpassungsfähigste Umweltfaktor, der gezielt eingesetzt werden kann, um die Krankheitslast über die gesamte Lebensspanne eines Menschen zu reduzieren. Mineralstoffdefizite sind vermeidbar und der Return on Investment für die Nährstoffbereitstellung ist hoch. Das Verständnis, wie man Biomarker für Mineralstoffdefizite interpretiert, neben klinischen und funktionellen Indikatoren, ist der Schlüssel zur Charakterisierung der globalen Last durch Mineralstoffdefizite und zur Ermittlung der optimalen Interventionen.“     


Regan L. Bailey et. al.

Verantwortung

Wenn nicht einmal selbst gezogenes Gemüse alle wichtigen Stoffe enthalten kann, weil es den Böden fehlt – was soll man dann noch tun? Nahrungsergänzung – sofern die nötigen Spurenelemente überhaupt zugelassen sind – würde zwar kurzfristig eine gute Möglichkeit darstellen, löst das Problem aber langfristig nicht. Das kann nur geschehen, wenn die Nährstoffkreisläufe wieder geschlossen werden, der Humusabbau gestoppt und sein Aufbau massiv gefördert, das Bodenleben gestärkt und die Bodenfruchtbarkeit dadurch erhöht wird. Der wichtigste Schritt: dieses Wissen muss Mainstream werden! Zu viele Menschen sind sich der Lage nicht bewusst – woher soll der Wandel also kommen?

Quellen:
-  Dr. Stefan Hügel, www.mineralienwende.de
-  Regan L. Bailey et. al. The Epidemiology of Global Micronutrient Deficiencies, Ann Nutr Metab 2015;66(suppl 2):22–33

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